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Heute in der Praxis:

»Blockierte Weiblichkeit und Sexualität -- ein Tranzgenerationales Trauma«

Blockierte Weiblichkeit und Sexualität
Ein tranzgenerationales Trauma

Eine junge Frau, die schon eine lange körperliche und seelische Leidensgeschichte hat, kommt in meine Praxis,  weil sie sich eine Partnerschaft wünscht, aber bisher nur schlechte Erfahrungen gesammelt hat.

Sie empfindet ihre Partner als bedrohlich und kann bei der körperlichen Begegnung nicht entspannen.
Und wie gerne möchte sie auch ihre fast männlich starke und kontrollierend anmutende Haltung aufgeben, um sich einmal anschmiegen und hingeben zu können.

Da wir uns schon einige Zeit kennen und die junge Frau mittlerweile über stabile Ressourcen verfügt,  machen wir dieses Mal eine Aufstellung zum Thema Weiblichkeit und Sexualität.

Wir sehen in der Aufstellung auf dem Brett, dass auch schon die Mutter und ihre Oma mütterlicherseits schwierige Geschichten im Kontakt mit Männern und Sexualität erlebt haben.
Beide haben frühe Missbrauchserfahrungen erlitten und fanden den einzigen Schutz vor solchen Übergriffen in einer festen Partnerschaft. Diese waren aber bei beiden nicht von langer Dauer und danach war ihr Leben geprägt von Arbeit,  Alleinerziehung und häufig wechselnden Partnerschaften.

Tief berührend wurde die Aufstellung, als die Uroma der jungen Frau in den Blick kam.
Diese hatte in Pommern eine unbeschwerte Kindheit,  Jugend und Jungerwachsenzeit auf dem elterlichen Hof erlebt und ihre Jugendliebe geheiratet. Sie bekamen zusammen vier Kinder.

Und dann kam der Krieg.

Der Mann fiel im Krieg und für die Frau folgte Flucht, mehrere Vergewaltigungen und ein daraus entstandenes Kind.

Ihre Tochter, also die Oma der Klientin musste mit 14 mehrfach mit ansehen, wie ihre Mutter dieses Kind loswerden wollte.

Es kam aber gesund zur Welt und mit ihren fünf Kindern lebte die Frau bis zu ihrem Tod in einer norddeutschen Stadt.

Sie war über all ihren Erlebnissen verrückt geworden und die Kinder waren schon früh auf sich selbst gestellt. Besonders die Oma der Klientin übernahm viel von den Verantwortungen des täglichen Lebens und die Versorgung der Geschwister.

Als die junge Frau ihre Uroma so mit ihrer ganzen Geschichte sah, kam eine tiefe verbundene Traurigkeit über dieses Schicksal in ihr hoch. Sie fühlte eine starke Bindung an das Schicksal und konnte einen grossen Bezug zu ihrem Schutzpanzer rund um ihre Weiblichkeit und Sexualität wahrnehmen.

"Ich sehe dich und dein Schicksal, Uroma. ", war der präsente Satz, der der jungen Frau ein Gefühl der Verbindung und auch Erleichterung brachte.

Damit endete diese Aufstellung.

Es war eine große Arbeit und ich freue mich, diese junge Frau noch ein Stück auf ihrem Weg zu begleiten, damit sich nach und nach das neue integrieren kann und sie ihre unbeschwerte Weiblichkeit und Sexualität leben lernt.